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Schäuble (†81) schreibt in Memoiren: Stoiber wollte, dass ich Merkel stürze | Politik


Inhaltlich lagen sie oft über Kreuz. Aber am Ende hat der an Weihnachten verstorbene Finanzminister Wolfgang Schäuble (†81, CDU) immer zu Angela Merkel gehalten.

Besonders schwer ist Schäuble das auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gefallen, die die CDU-Legende damals früh eindringlich warnend als Lawine beschrieb. Tenor: Wenn Europa nicht gemeinsam etwas unternehme, könne es „ziemlich schlecht für uns alle werden“.

Wie groß die Spannungen waren, die die Flüchtlingskrise in der Union ausgelöst haben, das schildert Schäuble in seinem letzten Buch, das kommende Woche erscheint und in Teilen vom „Stern“ vorab publiziert wird („Erinnerungen. Mein Leben in der Politik“, Klett-Cotta, 38 Euro).

Demnach soll Ex-CSU-Chef Edmund Stoiber damals probiert haben, Schäuble zum Sturz von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu bewegen. In vom „Stern“ am Mittwoch veröffentlichten Auszügen schildert Schäuble, die Lage in der Union sei im Herbst 2015 schwierig geworden.

„Höhepunkt war der CSU-Parteitag, als der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende (Horst Seehofer) der Kanzlerin wie einem Schulmädchen die Leviten las“, heißt es dort. „Inzwischen wurde auch Edmund Stoiber aktiv und feuerte Seehofer, seinen Nach-Nachfolger im Ministerpräsidentenamt, in dessen Attacken gegen Merkel an. Und mich wollte er dazu bewegen, Merkel zu stürzen, um selbst Kanzler zu werden.“

Er habe das aber entschieden abgelehnt, schreibt Schäuble. „Wie Jahrzehnte zuvor bei Kohl blieb ich bei meiner Überzeugung, dass der Sturz der eigenen Kanzlerin unserer Partei langfristig nur schaden könnte, ohne das Problem wirklich zu lösen. Das war mein Verständnis von Loyalität, das nach heutigen Maßstäben vielleicht ein wenig antiquiert erscheint.“

Kontrahenten: Angela Merkel und Edmund Stoiber im Jahr 2006

Kontrahenten: Angela Merkel und Edmund Stoiber im Jahr 2006

Foto: imago stock&people

► Stoiber war von 1993 bis 2007 bayerischer Ministerpräsident und von 1999 bis 2007 Vorsitzender der CSU. In der Flüchtlingskrise äußerte er wiederholt Kritik an Merkels Kurs.

In den veröffentlichten Passagen bekräftigt der im Dezember gestorbene Schäuble seine grundsätzliche Unterstützung für Merkels Entscheidung, im Herbst 2015 die deutschen Grenzen für Flüchtlinge offenzuhalten, äußerte aber auch Kritik an ihrem Handeln bei dem Thema.

„Als die Kanzlerin am 4. September 2015 die im Rückblick für diese Krise zentrale Entscheidung traf, die Grenzen angesichts der katastrophalen Zustände am Bahnhof von Budapest, wo Flüchtlinge zu Tausenden gestrandet waren, weiterhin offenzuhalten, fand ich dies aus humanitären und europapolitischen Gründen richtig“, schrieb er.

Er habe Merkel nach Kräften unterstützt. Sogar ihren Satz „Wir schaffen das“ habe er richtig gefunden. „Das waren starke Statements. Sie hätten eben nur von einer Vielzahl weiterer Maßnahmen und Anstrengungen begleitet werden müssen, um zu verdeutlichen, dass diese einmalige Notmaßnahme unwiederholbar war.“

Angela Merkel kam zum Trauer-Staatsakt für Wolfgang Schäuble, hier mit den Alt-Präsidenten Christian Wulff und Joachim Gauck (v.l.)

Angela Merkel kam zum Trauer-Staatsakt für Wolfgang Schäuble, hier mit den Alt-Präsidenten Christian Wulff und Joachim Gauck (v.l.)

Foto: IMAGO/Political-Moments

Im Unterschied zur Kanzlerin habe er es für richtig gehalten, „den Bürgerinnen und Bürgern reinen Wein einzuschenken und klarzumachen, dass der Einsatz für die Flüchtlinge eben auch mit Kosten und Opfern verbunden ist“. Er sei gelegentlich frustriert darüber gewesen, „dass Merkel in mancherlei Hinsicht beratungsresistent blieb. Nach meiner Einschätzung hätte sie ganz andere Möglichkeiten gehabt, um wirklich politisch zu führen und nicht nur zu reagieren“.

Das Schäuble-Buch „Erinnerungen. Mein Leben in der Politik“ erscheint kommende Woche. Der CDU-Politiker war am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren gestorben. Schäuble war in seiner langen politischen Karriere Kanzleramtschef, Bundesinnen- und Finanzminister, CDU-Vorsitzender und Bundestagspräsident gewesen. Zuletzt war er einfacher Abgeordneter im Bundestag, dem er 51 Jahre lang angehörte – so lange wie kein anderer in der deutschen Parlamentsgeschichte. Er wurde in seiner Heimatstadt Offenburg beigesetzt.

Und Stoiber?

Er reagierte auf BILD-Anfrage angefasst, erklärte: „Ich habe mit wenigen Kollegen in meinem Leben so viele persönliche und vertrauliche Gespräche seit den achtziger Jahren bis in die letzten Jahre hinein geführt, wie mit meinem langjährigen und eng verbundenen Kollegen Wolfgang Schäuble.“ ABER: „Berichte darüber habe ich niemals kommentiert und das gilt für mich natürlich auch heute nach seinem Tod weiter.“


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